Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) regelt die Zeitarbeit in Deutschland. Es definiert die Rollen des Verleihers (Agentur), des Arbeitnehmers und des Entleihers (Kunde) und verlangt eine gültige Erlaubnis sowie schriftliche Verträge. Einsätze sind pro Arbeitnehmer-Entleiher-Paar auf 18 Monate begrenzt; nach einer Unterbrechung von drei Monaten beginnt die Frist neu. Gleichbehandlung und Gleichbezahlung gelten ab dem ersten Tag, vorbehaltlich zulässiger Abweichungen durch Tarifverträge. Betriebsräte haben Informationsrechte. Verstöße bergen das Risiko von Bußgeldern und einer automatischen Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher. Weitere Punkte präzisieren Compliance-Pflichten und Ausnahmen.
Schlüsselakteure und rechtliche Beziehungen nach dem AÜG
Im Kern des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) stehen drei Akteure und zwei unterschiedliche Rechtsbeziehungen. Die Akteure sind der Verleiher (Zeitarbeitsunternehmen), der Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) und der Entleiher. Der Arbeitnehmer ist beim Verleiher auf Grundlage eines Arbeitsvertrags beschäftigt, der Lohnzahlung, Sozialversicherungsbeiträge und Arbeitgeberpflichten regelt. Daneben schließen der Verleiher und der Entleiher eine Überlassungsvereinbarung, die den Einsatz des Arbeitnehmers im Betrieb des Entleihers autorisiert.
Während des Einsatzes übt der Entleiher das Direktionsrecht im Tagesgeschäft aus und integriert den Arbeitnehmer in seine betrieblichen Abläufe. Das Arbeitsverhältnis verbleibt jedoch beim Verleiher, der den Kernarbeitgeberstatus behält. Am Einsatzort des Entleihers können hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Arbeitssicherheit Haftungs- und Mitbestimmungsfolgen entstehen. Das AÜG verankert zudem Gleichbehandlungsgrundsätze, die die wesentlichen Arbeitsbedingungen des überlassenen Arbeitnehmers mit denen vergleichbarer Mitarbeiter des Entleihers verknüpfen, vorbehaltlich zulässiger Abweichungen. Diese duale Beziehungsstruktur grenzt Verantwortlichkeiten ab und ermöglicht zugleich eine flexible Einsatzgestaltung.
Lizenzanforderungen und vertragliche Verpflichtungen
Aufbauend auf der Doppelbeziehungsstruktur beruht die rechtmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland darauf, dass der Verleiher eine gültige AÜG-Lizenz besitzt und gesetzliche Vertragsstandards einhält. Die Bundesagentur für Arbeit erteilt Lizenzen nach Nachweis von Zuverlässigkeit, finanzieller Leistungsfähigkeit und Compliance-Systemen. Laufende Pflichten umfassen Berichterstattung, Mitwirkung bei Prüfungen sowie die unverzügliche Meldung wesentlicher Änderungen. Eine unerlaubte Überlassung führt zur Nichtigkeit von Verträgen, zu Equal-Treatment-Defaults sowie zu möglichen Geldbußen oder Verboten.
Vertraglich erfordert das Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der Mindestlohn-, Arbeitszeit- und Sozialversicherungspflichten erfüllt. Equal Pay und wesentliche Arbeitsbedingungen müssen nach den einschlägigen Qualifizierungsfristen gewährleistet werden, sofern nicht ein gültiger Tarifvertrag Abweichungen zulässt, der Mindeststandards dennoch sicherstellt. Der Vertrag zwischen Verleiher und Entleiher (Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) muss schriftlich erfolgen, die Überlassung ausdrücklich bezeichnen, den Arbeitnehmer benennen, Tätigkeit, Dauer, Vergütungsgrundlage und die Verantwortung für den Arbeitsschutz definieren. Entleiher müssen die Gültigkeit der Lizenz prüfen, verbotene Kettenüberlassung verhindern und den Arbeitsschutz am Arbeitsplatz gewährleisten. Beide Parteien müssen die Einhaltung dokumentieren und Unterlagen aufbewahren.
Maximale Einsatzdauer und Verlängerungsregeln
Obwohl das Leasing Flexibilität bietet, beschränkt das deutsche Recht die Dauer, für die ein Leiharbeitnehmer demselben Entleiher zugewiesen werden darf: Das AÜG legt eine allgemeine Höchstdauer von 18 aufeinanderfolgenden Monaten pro individuellem Arbeitnehmer–Entleiher-Paar fest, vorbehaltlich strengerer oder abweichender Grenzen, die durch einschlägige Tarifverträge festgelegt werden können. Die Frist läuft arbeitnehmer- und entleiherbezogen, unabhängig vom konkreten Arbeitsplatz oder den Aufgaben. Unterbrechungen von drei Monaten und einem Tag oder länger setzen die Frist zurück; kürzere Unterbrechungen werden durch Zusammenrechnung auf die Gesamtdauer angerechnet.
Verlängerungen sind nur zulässig, wenn ein einschlägiger Tarifvertrag oder eine darauf basierende Betriebsvereinbarung eine abweichende Höchstdauer zulässt und der Verleiher diese Regelungen ordnungsgemäß anwendet. Ohne eine solche Ermächtigung ist eine Überlassung über 18 Monate hinaus rechtswidrig.
Wird die Grenze überschritten, ist die Rechtsfolge die fingierte Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Entleiher ab dem Zeitpunkt der Überschreitung, sofern nicht rechtzeitig Abhilfemaßnahmen – wie eine Umsetzungen oder eine ausreichende Unterbrechung – ergriffen werden.
Gleichbehandlung, gleicher Lohn und Ausnahmen durch Kollektivvereinbarungen
Als Grundsatz haben Leiharbeitnehmer ab dem ersten Tag Anspruch auf Gleichbehandlung und Gleichbezahlung mit vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers, und zwar in Bezug auf wesentliche Arbeitsbedingungen wie Vergütung, Arbeitszeit, Überstundenzuschläge, Urlaub und Arbeitsschutz. Dieses Prinzip verhindert eine Unterlaufung der innerbetrieblichen Standards und steht im Einklang mit den EU-Vorgaben. Der Entleiher muss die notwendigen Informationen zu den Bedingungen der Vergleichsperson bereitstellen, während die Zeitarbeitsfirma vertraglich für die korrekte Bezahlung verantwortlich bleibt.
Gesetzlich zulässige Abweichungen sind durch branchenspezifische Tarifverträge möglich, die von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden für die Zeitarbeit geschlossen werden. Diese Tarifverträge können die Gleichbezahlung rechtmäßig aufschieben, typischerweise durch gestufte Entgeltgruppen, sofern die Gesamtvergütung über die Zeit nicht schlechter ausfällt und gesetzliche Mindestlöhne eingehalten werden. Jede Abweichung setzt einen transparenten Verweis im Arbeitsvertrag sowie die tatsächliche Anwendung des Tarifvertrags voraus. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt, gilt automatisch der Gleichbehandlungsgrundsatz. Zulagen des Entleihers können nur angerechnet werden, wenn sie entgeltrelevant sind und nicht ausschließlich Auslagenersatz darstellen.
Mitbestimmung, Compliance-Risiken und Durchsetzungsmechanismen
Während die Zeitarbeit Flexibilität bietet, löst sie spezifische Mitbestimmungsrechte, Compliance-Pflichten und Durchsetzungswege aus. Betriebsräte im Einsatzbetrieb müssen über Personalbedarfsplanung, Einsatzdauer und Tätigkeiten informiert werden; in vielen Fällen haben sie ein Mitbestimmungsrecht bei Arbeitszeitregelungen und Integrationsmaßnahmen, die Leiharbeitnehmer betreffen. Der Betriebsrat des Verleihers behält Rechte in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Qualifizierung sowie Arbeitsschutz, was eine koordinierte Beteiligung auf beiden Arbeitgeberebenen erfordert.
Compliance-Risiken konzentrieren sich auf die unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung ohne AÜG-Erlaubnis, das Überschreiten der Höchstüberlassungsdauer, unzulässiges Kettenverleihen, Scheinwerk- bzw. Scheindienstverträge sowie Verstöße gegen Equal Pay nach Ablauf der Wartezeit, sofern keine wirksamen tariflichen Abweichungen bestehen. Fehlklassifizierungen führen zur Umqualifizierung in ein Arbeitsverhältnis mit dem Einsatzbetrieb, zur gesamtschuldnerischen Haftung für Vergütung und zu Nachzahlungen in der Sozialversicherung.
Durchsetzungsmechanismen umfassen Prüfungen und Bußgelder durch die Bundesagentur für Arbeit, strafrechtliche Sanktionen in schweren Fällen sowie gerichtliche Schritte durch Arbeitnehmer oder Betriebsräte. Sorgfältige Dokumentation, Einsatzkennzeichnung und umsichtiges Lieferanten-/Vendor-Management verringern das Risiko.

